Off the beaten track

28 09 2014

Für uns soll es nun auf die Guajira- Halbinsel gehen, ganz im Nordosten Kolumbiens gelegen, an der Grenze zu Venezuela. Es soll zwar möglich sein, diese abgelegene Gegend auf eigene Faust zu erkunden, wir haben uns aber entschieden, es mit einer organisierten Tour zu machen.

Der erste Versuch…

Wir wurden morgens um 5.00 Uhr am Dreamer Hostel mit einem ziemlich klapprigen Kleinbus (der evtl. geländegängig ist, der Bodenfreiheit nach) abgeholt. Auf unsere Nachfrage, wo denn die anderen Teilnehmer sind, sagte uns der Fahrer, dass wir in Riohacha, dem Ausganspunkt zur Halbinsel, auf sie treffen.  Die jetzt folgenden, ersten drei Stunden der Tour wären eigentlich nur der Transport nach Riohacha gewesen – wären! Nach gut einer Stunde Fahrt weckte unser Fahrer uns, damit wir die schneebedeckten Gipfel der ca. 5000m hohen Sierra Nevada de Santa Marta im Vorbeifahren erhaschen konnten. Kurz darauf folgte der erste Tankstopp und als es weitergehen sollte, musste das Auto angeschoben werden.  Da ist wohl die Batterie leer, fängt ja gut an! Es ging dann aber weiter und wir nickten noch ein Mal über. Bis dann um kurz vor sieben der nächste Stopp folgte. Zielstrebig steuerte der Fahrer die Reparaturrampe einer eigentlich geschlossenen Tankstelle an. Aber warum nur, das Auto lief doch? P1130780 (800x600)Andererseits stauten sich in dem kleinen Örtchen die Fahrzeuge und so langsam füllte sich dann auch der Platz um die Tankstelle. Unser Zwangsaufenthalt schien nicht von kurzer Dauer zu bleiben. Auf Nachfragen bei unserem Fahrer bekamen wir dann die Antwort, dass 200 Meter weiter protestiert wird und jetzt auf den Bürgermeister gewartet wird. Ach, der Tag fängt hervorragend an! Der Morgen dehnte sich unendlich, im Auto wurde es warm und stickig und uns wurde langweilig. Zeit also, um sich selbst ein Bild von der Lage zumachen: Polizei inzwischen eingetroffen, hält sich vornehm im Hintergrund. Der Protest stellte sich dann als akkurate Straßenblockade dar. Man hatte Äste und Baumstämme so im Geländer einer Brücke verkeilt, dass auf absehbare Zeit erst Mal gar nix mehr gehen wird. Ein Lkw- Fahrer, der ziemlich als Vorderster im Stau stand, gab uns als Antwort, dass er dort schon seit 5.00 Uhr steht. Inzwischen war es halb neun. Eigentlich hätten wir um 8.00 Uhr schon auf die anderen Teilnehmer treffen sollen. Wie stellt sich denn nun unser Fahrer bzw. unser Veranstalter den weiteren Tagesablauf vor? Das Handy wird also bemüht. Bis 10.00 Uhr sollen wir warten, ob vielleicht noch etwas geht. Alternativ wird uns für den verbleibenden Tag ein Ausflug zum Strand von Palomino (Das ist ca. 1 Stunde Fahrtzeit zurück) angeboten und wir könnten es morgen noch einmal versuchen, zur Guajira – Halbinsel zu gelangen. Wie lange eine solche Blockade aber dauert kann natürlich keiner sagen… Ahh Alternativen und morgen noch ein Mal versuchen, bei diesen Aussagen werden wir hellhörig: Was ist denn mit den anderen Teilnehmern? Gibt es die vielleicht gar nicht? Nur zu zweit wollten wir die Tour nämlich eigentlich gar nicht machen. Wir fangen also langsam an zu verhandeln. Bis um 10.00 Uhr warten, darauf können wir uns einlassen, dann aber geht es zurück nach Santa Marta ohne Alternativprogramm, die Tour wird gecancelt und wir hätten gerne das gaaanze Geld wieder! Das erste Gegenangebot lautet von den gezahlten 1,2 Mio. Pesos gibt es nur 900.000 wieder, die Anmietung des Autos und der Sprit hat ja schließlich gekostet – irgendwie hatten wir diese Antwort erwartet. Da muss das Handy wohl nochmal bemüht werden. Dank der Spanischkenntnisse von Steffi ist das Ergebnis schließlich, dass wir das ganze Geld wieder bekommen. Denn an der Straßenblockade hat sich nichts getan. Doch wer denkt, dieser Tag endet jetzt mit einfach zurückfahren, der irrt. Da war ja noch das Problem mit der Batterie und dem Abblendlicht, das sich nicht ausschalten lässt. Folglich müssen wir uns Starthilfe geben lassen, das gleich zwei Mal, weil da wer zu dumm war zum Anfahren ist. Die Zeit an der Tankstelle zieht sich also bis um kurz vor 11.00 Uhr. Auf dem Rückweg geht das Auto während des Fahrens dann plötzlich aus. Wie jetzt, kein Sprit mehr? Nein, es soll wieder an der Batterie liegen. Hilfe ist unterwegs, die Tour zur Ciudad Perdida kommt uns in ihren Geländewagen entgegen und gibt ein weiteres Mal Starthilfe. Jetzt schaffen wir es zurück bis nach Santa Marta, wo wir noch auf einem Parkplatz die Autobatterie mit einem Bekannten unseres Fahrers tauschen und dann, dann endlich sind wir zurück am Hostel und erhalten unter den Augen der Rezeptionisten 1,1 Mio. Pesos aus den Händen unseres Fahrers zurück.

Wieso hat der überhaupt die ganze Kohle? Sollte er unser Guide für die ganzen drei Tage sein? Sollte es mit diesem Schrotthaufen von Auto in die Wüste gehen? Und was ist mit den anderen Teilnehmern? Fragen, deren Antworten der Fantasie überlassen bleiben. Nach der Schilderung unseres Erlebnisses im Hostel, gibt es am Abend auch die restlichen 100.000 Pesos wieder, in der Zwischenzeit haben wir am Nachmittag bei einem anderen Veranstalter die Tour noch einmal gebucht: Morgen geht ‘s los, Cabo de la Vela und Punta Gallinas auf der Guajira– Halbinsel!

Der zweite Versuch…

Pünktlich um 5.00 Uhr werden wir mit einem vollklimatisierten Kleinbus asiatischer Herkunft abgeholt. Mit dabei ein amerikanisches Mutter/ Tochter- Gespann mit kolumbianischen Wurzeln, ein professioneller Pokerspieler und Jesus aus Barcelona. Da kann ja nix mehr schief gehen. Im Vergleich zu gestern sind wir inzwischen in angemessener Reisegeschwindigkeit auf dem Weg nach Riohacha – ohne Tankstopp. Da wir einen Teil der Strecke ja schon zu genüge kennen, holen wir noch etwas Schlaf nach und siehe da, wir sind deutlich vor 8.00 Uhr am Ausgangspunkt zu Guajira – Halbinsel, wo wir von den örtlichen Vertretern des Veranstalters Expotour empfangen werden. Als erstes gibt es jetzt ein Frühstück, denn die nächsten drei Tage ist alles inklusive!

Zu unserer Gruppe stoßen noch zwei junge Amerikanerinnen und ein Australier, somit sind wir zu neunt und werden auf zwei erprobte Geländewagen Toyota Landcruiser aufgeteilt, die von den erfahrenen Guides Miguel und Ruben  in den nächsten Tagen gefahren werden. Nachdem unser Gepäck, Reservekraftstoff, Kühlboxen, etc. verstaut sind und wir unsere Plätze eingenommen haben, kann das Abenteuer starten. Wir verlassen Riohacha, passieren die Kreuzung “Cuatro Vias” und fahren Richtung Norden. Ziemlich schnell ändert sich die Landschaft, von den Bananen- Plantagen und dem Regenwald ist nichts mehr zu sehen, das Klima ist trockener und die Vegetation ändert sich in knorrige Dornenbüsche. Die nächsten Tage verbringen wir in einer komplett anderen Landschaft, wie wir sie so in der Karibik nicht erwartet hätten. Um es kurz zu sagen, die Eindrücke der nächsten Tage sind der absolute Hammer. Mit der Landschaft ändern sich auch die Lebensbedingungen der Menschen. Trotz der harschen Bedingungen gibt es Leute, die hier leben: Das Volk der Wayuu. Von was, das bleibt uns bis zum Schluss nur schwer vorstellbar. Fischfang für den Eigenbedarf ist bedeutend, es gibt den großen Kohleumschlaghafen “Puerto Bolivar” und die Meerwassersalinen von Manaure, unserem ersten Ziel am heutigen Tage. Auch ist das Schmuggeln von Waren über die kolumbianisch- venezuelische Grenze seit jeher eine Einnahmequelle – bester Beweis dafür war die reichhaltige Auslage eines Dorfladens – in the middle of nowhere –, in dem es alles gab von einem (!) Tommy Hilfiger Hemd, BH’s, Barbiepuppen, Kochgeschirr … und Massen an Heinz Tomatensauce. Wer das jemals kaufen sollte, drei Fragezeichen. Wir beschränkten uns auf Getränke und Chips.

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Aber auch dieser Einblick in die (surrealen) Lebensverhältnisse hinterließ mehr Fragen als Antworten. Dieser Teil Kolumbiens ist noch weiter zurück und ärmer als die restliche Karibikküste. Ein Anzeichen dafür, der Müll, der vom Wind über die Halbinsel verweht wird und sich in Kakteen und Büschen verfängt, und die vielen ärmlichen Kinder, die von uns Wegzoll in Form von Keksen bekommen, wenn wir über die Ländereien der Familien fahren. Denn es sind Wochentage, an denen wir unterwegs sind und eigentlich sollten sie doch in der Schule sein! Aber wir sehen auch Kinder beim Unterricht in einfachen Schulgebäuden. Die beeindruckenden Erlebnisse dieser Tage sind eigentlich nicht in Worte zu fassen.

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Wir sehen fast keine anderen ausländischen und nur wenige einheimische Touristen. Diese abgelegene Ecke Kolumbiens ist bislang nur wenig besucht. Das liegt vielleicht auch an den “Wegen”. Ohne allradangetriebenen Geländewagen geht hier gar nichts, wir sind eigentlich nur im  Gelände unterwegs. Wir werden reichlich hin und her geschaukelt in den Fahrzeugen und es gibt ein paar blaue Flecke. Mal geht es einfach über Sandflächen, aber auch tiefausgefahrene morastige Wege, Geröllfelder und schlammige Flüsse müssen gequert werden. Ja, Wasser in der Wüste. Es ist gerade Regenzeit. Somit sind die knorrigen Büsche mit einem Hauch von frischem Grün überzogen und es sammelt sich Wasser in für uns braunen Pfützen. Trinkwasser, das mühsam von den Wayuu abgeschöpft wird und mit Fahrrad und Esel zu ihren Lehmhütten gebracht wird. Ein paar Mal bleiben wir stecken, trotz der vorausschauenden Fahrweise unserer Guides, kommen aber jedes mal wieder ohne fremde Hilfe frei, aber irgendwie gehört auch das zum Spaß in dieser Ecke der Erde.

Geschlafen wird in Hängematten unterm Schutzdach auf zwei Haciendas. Wir sind froh, die Reise in einer organisierten Tour zu machen, denn es hätte sicher viel Zeit in Anspruch genommen, Transportmöglichkeiten in die abgelegenen Teile der Halbinsel zu organisieren und vielleicht hätten wir auch gar nicht alles erreicht. Die Unterkünfte, die wir ansteuern sind echt gut und es gibt anständiges Essen und für etwas Extrageld sogar Languste.

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Nach der Saline und einem kurzen Stopp in Uribia, dem wenig hübschen aber geschäftigen Verwaltungsort der Wayuu geht es nach Cabo de la Vela. Nach dem Mittagessen auf der Hacienda fahren wir zum Pilón de Azucar, um die Aussicht über Meer und Wüste, bis zu den Bergen  der Serranía del Carpintero zu genießen und um am Strand Playa del Pilón ins Wasser zu springen. Am heutigen ersten Tag haben wir ungefähr die Hälfte der Strecke bis nach Punta Gallinas geschafft. Es war viel Fahrerei und auch morgen werden wir viel Zeit im Landcruiser verbringen.

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Ausblick vom Pilón de Azucar

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Wir sind oben!

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Playa del Pilón

Am zweiten Tag passieren wir morgens den “Parque Ecologico”, einen Windpark, am Horizont sehen wir die Anlagen des Puerto Bolivars. Unser erstes Ziel sind die riesen Sanddünen der Playa Taroa , die steil in das Karibische Meer stürzen. Dies ist der magische Ort, wo die Wüste aufs Meer trifft. Nach der langen Fahrt hier her ist es erstmal Zeit für eine ausgiebige Erfrischung im kühlen Meer! Es geht weiter zur heutigen Übernachtungsstätte zum Mittagessen. Am späten Nachmittag fahren wir zum Leuchtturm “El Faro”, zum Sonnenuntergang gucken. Weiter geht es nicht, wir sind am nördlichsten Punkt Kolumbiens und des südamerikanischen Kontinents angekommen. Im Dunkeln schleichen wir mit den Geländewagen zurück zur Hacienda. Der Abend wird beim Kartenspielen und erzählen über die vielen Reiseerfahrungen sehr lang. Erst das Ausschalten des Generators beendet ihn. Wir haben auf dieser Tour echt nette Leute kennengelernt, leider werden sich morgen die Wege schon wieder trennen.

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Playa Taroa

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Playa Taroa

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Playa Taroa

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Bahia Hondita

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Wasch mich!

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Zweite Herberge

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Punta Gallinas

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Zwei Fische – Keep smiling , Kleiner!

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El Faro, Pta Gallinas

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El Faro

Bevor wir am letzten Tag dann abfuhren, gab es noch einen Bootsausflug zu den Flamingos und den wilden Stränden in der Bahía Hondita. Der restliche Tag bestand dann eigentlich aus der Rückfahrt nach Riohacha und Santa Marta. Miguel und Ruben gaben alles, dass wir beide am Abend noch den Nachtbus nach Bucamaranga kriegen. Die Rückfahrt durch die Wüste wurde sehr ruppig, denn die “Wege” waren nicht als solche zuerkennen und das ein oder andere Mal mussten wir umkehren, um woanders lang zufahren. In Riohacha hieß es dann am späten Nachmittag Abschied nehmen vom ersten Teil der Reisegruppe und den Guides. Zu sechst jagten wir dann mit einem Kleinstwagen – Taxi zurück nach Santa Marta, was man auch als Ritt in den Weltuntergang beschreiben könnte. Über dem Dschungel und den Bergen der Sierra Nevada de Santa Marta tobte sich ein Tropenunwetter aller erster Klasse aus, mit Blitzen, die es taghell werden ließen und Regen, der die Straße flutete. Da mussten wir durch, kamen aber letztendlich zu spät, um noch den Nachtbus in Santa Marta zu erreichen. Das war dann der Grund, warum wir am nächsten Tag noch Tauchen gehen konnten.

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